Nachtreiher (Nycticorax nycticorax) – Aussehen, Lebensweise, Brutverhalten

Wenn der Tag sich dem Ende zuneigt und die Schatten länger werden, erwacht der Nachtreiher (Nycticorax nycticorax) zu seiner vollen Pracht. Mit seinem charakteristischen schwarz-grauen Federkleid, den roten Augen und dem prägnanten weißen Scheitelfleck sticht dieser kompakte Reiher sofort ins Auge. Doch sein nächtlicher Lebensstil macht ihn zu einem selten gesehenen Bewohner unserer Gewässer.

Tagsüber zieht sich der Nachtreiher gerne in dichtes Gebüsch oder Baumgruppen zurück, um im Schatten auszuruhen. In der Dämmerung aber erwacht er zum Leben, gleitet lautlos über Seen und Sümpfe und sucht mit scharfen Augen nach Beute wie Fischen, Fröschen und Insekten.

Das Brutverhalten dieses geheimnisvollen Vogels ist nicht minder faszinierend: In Kolonien bauen sie ihre Nester hoch in den Bäumen. Während die Weibchen in der Regel zwei bis fünf Eier legen, übernehmen beide Eltern die Brutpflege und füttern ihre Jungen mit Hingabe.

Entdecke die faszinierende Welt des Nachtreihers und lerne mehr über sein geheimnisvolles Dasein, das voller Überraschungen steckt. Tauche ein in die Nacht und lass dich von diesem einzigartigen Vogel verzaubern.

Systematik

Aussehen und Erkennungsmerkmale des Nachtreihers

Nachtreiher Aussehen und Merkmale

Der Nachtreiher ist ein mittelgroßer Reiher mit einer Körpergröße von 55 bis 65 Zentimetern und einem Gewicht zwischen 720 und 1020 Gramm. Die Weibchen sind in der Regel etwas kleiner und haben während der Brutzeit einen kürzeren Federschopf als die Männchen. Charakteristisch ist der untersetzte Körperbau mit einem vergleichsweise kurzen Hals und kurzen Beinen.

Das Federkleid der erwachsenen Nachtreiher ist ein eindrucksvoller Mix aus Grau, Schwarz und Weiß. Die Haube besteht aus kurzen Kopf- und längeren Nackenfedern und ist tiefschwarz, ebenso wie Rücken und Schultern. Der Bauch schimmert hellgrau bis weiß, während der Rumpf und die Flügel ein dezentes Aschgrau aufweisen. Stirn und Gesicht sind strahlend weiß, und der dicke, schwarze Schnabel sowie die leuchtend roten Augen setzen klare Akzente.

An einigen Stellen ist das Gesicht unbefiedert, wodurch die grünlich-gelbe Haut sichtbar wird. Die Beine der erwachsenen Nachtreiher sind blass gelbgrün. Ihre Flügel sind breit und abgerundet, was ihnen im Flug eine gewisse Ähnlichkeit mit den Rohrdommeln verleiht.

Die Jungvögel unterscheiden sich deutlich von den Erwachsenen. Ihre Beine sind mattgrau, und die Augen schimmern gelblich bis bernsteinfarben. Der Kopf, der Hals sowie die Brust und der Bauch sind braun, ocker und weiß gestreift, während die Federspitzen von großen weißen Flecken durchzogen sind. Erst im dritten Lebensjahr entwickeln sie das voll ausgefärbte Federkleid eines erwachsenen Nachtreihers.

Der Ruf des Nachtreihers klingt rau und heiser, ähnlich wie die Stimme eines Raben. Meist im Flug oder von einem hoch gelegenen Standort aus ertönt ein „Qua“, „Quak“ oder „Quark“, das ihn leicht identifizierbar macht.

Lebensraum und Ernährung des Nachtreihers

Nachtreiher findest Du in Europa, Afrika, Asien und Amerika. In Mitteleuropa waren sie im 19. Jahrhundert noch weit verbreitet, sind heute jedoch überwiegend in Südeuropa zu Hause. Dort halten sie sich gerne an Salz- und Brackgewässern, im Marschland, an großen Flüssen, flachen Sümpfen oder Seeufern auf, die reichlich mit Binsen und Rohrkolben bewachsen sind. Dieser dichte Bewuchs bietet ihnen ideale Bedingungen für die Jagd und den Nestbau.

Auf Nahrungssuche gehen Nachtreiher bevorzugt abends und nachts. So vermeiden sie das Gerangel um Futter mit ihren tagaktiven Verwandten. Wenn die Nahrung knapp ist, etwa in der Brutzeit, suchen sie auch tagsüber nach Futter. Die Nahrungsquellen der Nachtreiher sind vielseitig: Hauptsächlich fressen sie kleine Fische, Würmer und Insekten. Doch auch Krebstiere, Amphibien, Reptilien, Muscheln, Nager, Vögel, Eier und Aas stehen gelegentlich auf ihrem Speiseplan. Pflanzenmaterial nehmen sie nur selten zu sich.

Interessanterweise kehren sie immer wieder zu denselben Futterplätzen zurück. An diesen Orten stehen sie oft bewegungslos am Ufer oder im flachen Wasser und warten geduldig auf Beute. Sobald sich ein Fisch oder ein anderer Leckerbissen nähert, schnellt ihr Schnabel blitzschnell ins Wasser, und die Beute wird sicher ergriffen.

Ihre Anpassungsfähigkeit bei der Nahrungssuche macht den Nachtreiher zu einem erfolgreichen Jäger. Selbst in von Menschen stark beeinflussten Umgebungen wie Stadtparks oder Fischteichen können sie zurechtkommen. Doch trotz dieser Vielseitigkeit sind sie auf intakte Feuchtgebiete angewiesen, was ihren Lebensraum zunehmend gefährdet.

Brutverhalten und Fortpflanzung des Nachtreihers

männlicher Nachtreiher in der Brutzeit

In der Brutsaison wird es bei den Nachtreihern richtig bunt. Die monogamen Vögel bekommen pinkfarbene Beine, und zwei bis drei lange, weiße Federn reichen vom Nacken bis weit auf den Rücken. Die Balz der Männchen ist ein Schauspiel für sich. Sie werden aggressiver, ducken ihren Kopf und tänzeln fast kriechend herum. Dabei klappern sie mit dem Schnabel oder greifen sich einen Zweig.

Nach diesem Tanz strecken sie den Hals weit aus, nicken mit dem Kopf immer tiefer, bis er auf Höhe der Füße ist, und geben dabei schnalzende, zischende Geräusche von sich. Zusätzlich fuchteln sie mit einem Zweig oder putzen ihr Gefieder, während sie Balzgesänge von sich geben. Dieses Balzspiel stimuliert auch andere Männchen, selbst zu balzen – wichtig für eine erfolgreiche Fortpflanzung bei einer in Kolonien brütenden Art.

Weibchen, die sich einem balzenden Männchen nähern, werden erst einmal zurückgewiesen. Wenn das Männchen ein Weibchen schließlich in sein Revier lässt, beginnen sie, sich gegenseitig zu putzen und klappern abwechselnd mit dem Schnabel. Ein bis zwei Tage nach der Bindung erfolgt die Kopulation, meist im Nest oder in der Nähe.

Nachtreiher brüten in Kolonien, ähnlich wie Kanada- oder Seidenreiher. Etwa 30 Nester werden oft dicht am Baumstamm oder in Astgabeln gebaut. Das Männchen beginnt mit dem Nestbau, legt eine Unterlage aus Zweigen an oder renoviert ein bereits bestehendes Nest. Es trägt dann Zweige, Wurzeln und Gras herbei, die vom Weibchen eingeflochten werden. Nachtreiher bauen nur ein dürftiges Nest, ähnlich wie Mangrovereiher.

Einmal im Jahr, selten auch zweimal, legt das Weibchen Ende April bis Ende Juni drei bis fünf Eier im Abstand von zwei Tagen. Die Eier sind zunächst kräftig grün, verblassen jedoch schnell ins Bläuliche oder Grünliche. Beide Elternteile brüten die Eier etwa 22 bis 25 Tage lang abwechselnd aus. An heißen Tagen befeuchten sie ihr Federkleid, um die Eier kühl zu halten.

Die Jungvögel verlassen das Nest bereits drei Wochen nach dem Schlüpfen, bleiben jedoch in der Nähe. Wenn sie sich bedroht fühlen, verstecken sie sich hoch oben in den Baumkronen. Nach sechs bis sieben Wochen können sie schon gut fliegen und verteidigen ihr eigenes Revier. Interessant ist, dass die Altvögel ihre eigenen Jungen oft nicht wiedererkennen und auch die Brut anderer Nester aufziehen.

Gefährdung und Schutz des Nachtreihers

Der Nachtreiher steht in Deutschland auf der Roten Liste der Brutvögel in der Kategorie 2 („stark gefährdet“) und ist durch die EU-Vogelschutzrichtlinie besonders geschützt. Leider sind die Bestände in Deutschland dramatisch gesunken. Zwischen 1995 und 1999 gab es hier noch 35 Brutpaare, doch bis 2009 waren es nur noch 18 bis 22.

Der mitteleuropäische Verbreitungsschwerpunkt des Nachtreihers liegt in Ungarn. Dort lebten 2002 etwa 3.600 Brutpaare. Trotz dieser erfreulichen Zahl steht der Nachtreiher in anderen Teilen Europas weiterhin unter Druck. Die Gründe dafür liegen sowohl in historischer als auch in jüngerer Vergangenheit. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert gab es einen deutlichen Bestandseinbruch durch direkte Verfolgung und Habitatzerstörung. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm die Population wieder zu und der Nachtreiher breitete sich auf sein heutiges Areal aus.

Leider kam es auch in jüngerer Zeit erneut zu einem Rückgang der Bestände. Direkte Verfolgung spielte hier wieder eine Rolle, doch auch die langen Trockenjahre in Afrika, wo der Nachtreiher als Langstreckenzieher große Wüstenzonen durchqueren muss, beeinträchtigten die Population. In Frankreich und Italien konnten sich die Bestände stabilisieren, insbesondere in den italienischen Reisfeldern. Doch in den Niederlanden, Belgien und Deutschland sind die Populationen weiterhin klein und isoliert und schwanken stark.

Um den Nachtreiher besser zu schützen, ist der Erhalt und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten entscheidend. Diese Vögel sind auf intakte Brutmöglichkeiten in sumpfigen Landschaften angewiesen. Daher sind die Renaturierung von Flussauen und die Einrichtung von Schutzgebieten wichtige Maßnahmen. Auch ein internationaler Schutzansatz, der die Zugrouten und Überwinterungsgebiete mit einbezieht, ist notwendig, um die Lebensbedingungen dieses faszinierenden Vogels langfristig zu sichern.

Nachtreiher beobachten: Tipps und Standorte

Wenn Du den faszinierenden Nachtreiher beobachten möchtest, gibt es ein paar Tipps und Tricks, die Dir helfen können. Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, wo Du nach ihnen suchen kannst. Der Nachtreiher bevorzugt feuchte Lebensräume wie Auenlandschaften, Sümpfe, und Seen mit dichtem Schilf oder Ufervegetation. Besonders gute Chancen hast Du in Naturschutzgebieten oder Vogelschutzgebieten, die solche Lebensräume erhalten und schützen.

Ein beliebter Lebensraum für Nachtreiher sind auch größere Teiche oder Flüsse, in denen sie auf der Jagd nach Beute gehen. Diese Vögel sind vor allem in den Abend- und Nachtstunden aktiv, also solltest Du Dich am besten zur Dämmerung an geeigneten Beobachtungsstellen aufhalten. Ein Fernglas kann dabei sehr hilfreich sein, um die Nachtreiher auch in weiterer Entfernung gut erkennen zu können.

In Deutschland sind vor allem die Bundesländer im Süden und Westen bekannt für ihre Nachtreiherpopulationen. Besonders gute Chancen hast Du in Bayern und Baden-Württemberg. Dort gibt es zahlreiche Feuchtgebiete und Naturschutzgebiete, in denen Du die Nachtreiher beobachten kannst.

Ein weiterer Tipp ist, Geduld mitzubringen und ruhig zu bleiben. Nachtreiher sind sehr scheue Vögel und können schnell verschreckt werden. Wenn Du Dich leise und unauffällig verhältst, erhöhst Du Deine Chancen, die Vögel zu sehen und zu beobachten. Und vergiss nicht, die Natur zu genießen – auch wenn Du keinen Nachtreiher zu Gesicht bekommst, gibt es oft noch viele andere faszinierende Tiere und Pflanzen zu entdecken.

Nachtreiher – ein seltener Gast mitten in der Stadt

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Veröffentlicht von

Dirk Löbe

Hallo! Ich bin Dirk und seit einigen Jahren begeisterter Hobby-Fotograf. Und da hat mich speziell die Vogelwelt gepackt. Aus diesem Grund habe ich auch meinen Blog Voegel-im-Garten.de gestartet. Wenn dich die Fotografie auch interessiert, kannst du auf Dirks-Fotoecke noch mehr zu diesem Thema lesen.

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